Alyson Hannigan alias Willow Rosenberg

Willow Rosenberg sollte, so stand es im Treatment zur Serie zu lesen, der Typ des netten Mädchens von nebenan sein. Unscheinbar, aber nett anzugucken, schüchtern, aber intelligent. Diese Zusammenfassung schien Alyson Hannigan wie auf den Leib geschneidert. Privat eher ein unauffälliger Typ, erhielt sie als eine der ersten Darstellerinnen das Drehbuch zugeschickt und wusste: Dies ist die Rolle, auf die sie gewartet hatte. Leider war sie aber die einzige, die so dachte. Ihre Agentin riet ihr mit Nachdruck von diesem Projekt ab. In ihren Augen war BUFFY eine Totgeburt, die Alysons Karriere eher schaden als nützen würde. Überhaupt sei es für eine Schauspielerin eine undankbare Aufgabe, einen schüchternen, zurückhaltenden, von der Mutter überforderten Typ wie den der Willow Rosenberg zu spielen.

Willow ist das Mädchen, das von den Jungs nicht beachtet wird; sie hat keinen eigenen Modegeschmack, sondern trägt im Endeffekt das, was ihre Mutter ihr aussucht - was sie unter den Mädchen der Schule zu einer Außenseiterin macht. Um groß rauszukommen, da bedarf es einer selbstbewussten Figur. Alyson Hannigan sah dies anders. Willow nämlich ist überaus intelligent. Sie schert sich nicht um das, was die anderen über sie sagen. Natürlich hat sie lernen müssen, so zu denken, die Serie aber setzt in einem Moment ein, in dem sie diesen Lernprozess fast abgeschlossen hat und damit leben kann, von der Masse ihrer Mitschüler für eine Außenseiterin gehalten zu werden.

Das Casting aber entpuppte sich für die im April 1974 in Washington, D.C. geborene Schauspielerin als herbe Enttäuschung. Obwohl sie schon rein äußerlich exakt der Figur der Willow entsprach, fiel sie direkt nach dem ersten Vorsprechtermin durch. Unauffällig sollte Willow schon sein, aber nicht zu unauffällig. Rote Haare waren schon okay, aber blond war besser. Und zierlich zu sein war ja auch keine Schande, aber gesucht wurde doch eher ein Bikini-Typ. Da halfen ihr auch ihr natürlicher Charme und Humor, zwei der gesuchten Haupteigenschaften, nicht mehr weiter.

Schon als Baby posierte Alyson Hannigan vor der Foto-Kamera. Einen besseren Start hätte sie sich als Fotomodell kaum wünschen können: Ihre Eltern arbeiteten in Washington als Werbefotografen. Jedesmal, wenn sie für einen Auftrag ein Baby-Modell brauchten, musste ihre eigene Tochter herhalten. Alyson wuchs quasi vor der Kamera auf und empfand das Posieren als etwas vollkommen Natürliches. Sie war gerade vier Jahre alt, als ihre Mutter sie fragte, ob sie Lust hätte, in einer TV-Werbung mitzuspielen. Eine Agentur, für die ihre Eltern des öfteren tätig waren, hatte nachfragen lassen. Alyson sagte "fein" und schon stand sie für McDonald´s vor der Kamera. Zu dieser Zeit lebte sie mit ihren Eltern bereits in Atlanta, Georgia, woran sich bis zu ihrem elften Lebensjahr nichts änderte. Trotz einer ganzen Reihe von TV-Spots blieb Alyson Hannigan das Mädchen von nebenan.

1985 zogen ihre Eltern nach Los Angeles. Hollywood lag vor der Haustür und Alysons Mutter suchte für ihre Tochter eine neue Managerin, deren Job darin bestand, nicht nur neue Werbespots fü Alyson zu finden; sie sollte ihre Fühler auch in Richtung Film und Fernsehen ausstrecken.

In dieser Zeit führte die Jungmimin ein ganz normales Leben, bis 1988 ihre große Chance kam. Für die Komödie MEINE STIEFMUTTER IST EIN ALIEN wurde sie für die Rolle der Tochter von Dan Aykroyd gecastet. Der Film erzählt die Geschichte einer wunderschönen Außerirdischen (Kim Basinger), die auf die Erde kommt, um auf ihrem Planeten einen Krieg zu verhindern, den der Radioastronom Dr. Steve Mills (Aykroyd) unwissentlich heraufbeschworen hat. Dieser, ein Witwer, hat indessen Probleme mit seiner Tochter (Hannigan). Der Film wurde im weltweiten Verkauf zwar ein Mittelprächtiger Hit, erfüllte die Erwartungen der Produzenten aber nicht. Aufgrung ihrer Verpflichtung in einer von Richard Benjamin inzinierten Komödie erhielt Alyson jedoch eine Hauptrolle in der Sitcom DIE REINSTE HEXEREI, in der sie die gleiche Rolle wie in MEINE STIEFMUTTER IST EIN ALIEN zu verkörpern hatte, mit dem Unterschied, dass in DIE REINSTE HEXEREI eine Hexe und keine Außerirdische im Mittelpunkt der Geschichte stehen sollte.

Offenbar waren die Amerikaner von dieser Geschichte wenig angetan, denn obwohl im September 1989 gestartet, wurde die letzte Episode bereits im Januar 1990 ausgestrahlt. Danach verschwand DIE REINSTE HEXEREI in den Archiven des Senders ABC.

Da Alyson Hannigan grundsätzlich einige Jahre jünger aussah, als sie tatsächlich war, spielte sie 1991 eine Dreizehnjährige in dem TV-Zweiteiler BABYSWITCH - KIND FREMDER ELTERN. In diesem Zweiteiler war Alyson Hannigan in der Rolle der Gina Twigg zu sehen, ein Mädchen, das in den USA ungewollt für Furore gesorgt hatte. Gina Twingg wurde am Tag ihrer Geburt mit einem anderen Mädchen verwechselt und somit zu den falschen Eltern gegeben.

Kaum waren die Dreharbeiten abgeschlossen, machte Alyson den High-School-Abschluss. Sie hasste die High School. "Meine Theorie zur High School ist, geh rein, geh raus und sie zu, dass du nicht verletzt wirst", sagt sie wenig schmeichelhaft.

Es folgten in den nächsten Jahren nur wenige Rollen. Sie war in einer Episode von ROSEANNE zu sehen, spielte eine Gastrolle in PICKED FENCES - TATORT GARTENZAUN und wirkte in den SRIEN ALMOST HOME sowie TOUCHED BY AN ANGEL mit.

Ihr Vorsprechen für die Rolle der Willow Rosenberg entpuppte sich als ein Schlag ins Wasser.

Nachdem Alyson, die privat eine Vorliebe fürs Kickboxen entwickelt hat und gerne Rad fährt, BUFFY bereits angehackt hatte, war sie überrascht, nach der Fertigstellung des Präsentationsbandes erneut eine Einladung zum Casting zu erhalten. Wie sich herausstellte, hatte es mit der für Willow für die Präsentation engagierten Schauspielerin Probleme gegeben. Alyson Hannigan ging also erneut zum Casting, doch ein Vergnügen wurde auch dieser Termin nicht. Sowohl Joss Whedon, der unter Zeitdruck stand, als auch die anderen für das Casting und die Produktion verantwortlichen Personen schienen sich in eine Sackgasse manövriert zu haben. Sie standen vor dem Problem, kurzfristig eine Schauspielerin auswechseln zu müssen und schienen dabei Angst zu haben, erneut eine Fehlentscheidung zu treffen. Insgesamt wurden schließlich zehn Schauspielerinnen ausgewählt. Zwischen den jungen Frauen entstand ein gnadenloser Konkurrenzkampf. Jede der zehn Schauspielerinnen wusste, dass die Produktion ins Stocken geraten war und die Rolle der Willow von heute auf morgen besetzt werden musste. Nur einmal den Text zu vergessen bedeutete das Aus. Am Ende sprach Alysons Serienerfahrung für sie. Neben ihrer Arbeit am Set von BUFFY hat sie 1998 in den Thriller DEAD MAN ON CAMPUS an der Seite von Tom Everest Scott mitgewirkt.

Mit ihrer Rolle in AMERICAN PIE (USA, 1999) ist Alyson Hannigan überraschend der Sprung aus dem übermächtigen Schatten Sarah Michelle Gellars gelungen. Zwar spielt sie nur eine Nebenrolle, doch diese hat es in sich: Michelle, ihre Figur, ist eine 1:1-Kopie ihrer Willow Rosenberg - allerdings mit Knallbonbon. Ihr stotterndes Gerede über Pfadfinderlager, mit dem sie während der gesamten Laufzeits des Films ihrer Umwelt auf die Nerven geht, hat sie schließlich nur ein Ziel: endlich einen Jungen ins Bett zu kriegen.

2000 hat sie für Robert Iscove in BOYS AND GIRLS vor der Kamera gestanden. Eine romanische Komödie, die davon erzählt, was passiert, wenn zwei beste Freunde, dargestellt von Sarah Michelle Gellars Freund Freddie Prinze Jr. und Claire Forlani, zusammen im Bett landen.